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Tagträumen ist Kreativität pur für unser Gehirn!

"Wenn wir dem Geist erlauben, abzudriften. Wenn wir einfach aus dem Fenster schauen, Bäume betrachten, durch den Wald spazieren. Tagräumen. Abschweifende Gedanken zulassen...."

Lass deinen Gedanken freien Lauf! Unser Gehirn arbeitet am besten, wenn wir Löcher in die Luft starren.

Wir alle kennen die mahnenden Worte: Du träumst ja mit offenen Augen! Guck keine Löcher in die Luft! Konzentrier Dich! Bleib fokussiert!

Doch, liebe Leserinnen und Leser: Gucken Sie Löcher in die Luft! Schauen Sie den Blättern im Wind zu. Und ohne dass Sie es gewahr werden, schweifen Ihre Gedanken ab. Das ist normal und extrem wichtig, denn genau damit aktivieren Sie das Ruhenetzwerk des Gehirns.

Wofür ist das Ruhezustandsnetzwerk gut?

Es ist zentral für Gedächtnisleistung, Selbstwahrnehmung, Kreativität und Verarbeitung von Informationen.

Man geht davon aus, dass das Ruhezustandsnetzwerk, Default Mode Network (DMN), zuständig ist für innere Monologe und Gedankengänge, Selbstreflexion und Emotionen über das eigene Selbst, für Bewusstheit, Planung und komplexes Denken sowie das Lesen der Emotionen anderer Menschen. Es ist für moralische Werte und Zuordnung zuständig und untersützt uns dabei, uns zu erinnern und über die Zukunft nachzudenken und sich die Zukunft vorzustellen.

Tagträumen ist also Kreativität pur für das Gehirn.

Marcus Raichle et.al. beschrieb bereits um 2000 herum das DMN. Das Überraschende war, dass im Ruhezustand die entsprechenden Gehirnbereiche aktiver waren als bei der konzentrierten Aufgabenbearbeitung.

Joseph Jebelli, Neurowissenschaftler aus England und jüngerer Kollege von Raichle, forscht weiter zum Ruhezustandsnetzwerk des Gehirns und hat mehrere populärwissenschaftliche Werke über DMN geschrieben. Sein jüngstes Buch "The Brain at reset" ist gerade auf deutsch erschienen.

In unserer modernen Arbeitswelt hat das Ruhezustandsnetzwerk keinen Platz. Im Gegenteil. Alles ist durchgetaktet. Selbst Freizeit, Sport und Freunde sind durch social media, KI und unsere Ansprüche, alles gleichzeitig leisten zu können (und zu müssen), durchorganisiert. Uns fehlt der Raum zum Nichtstun. Das macht krank. Psychisch und physisch.

Das Ruhezustandsnetzwerk im Gehirn besteht aus einer Gruppe von Neuronen, die sich durch mehrere Hirnregionen ziehen und aktiv sind, während wir selbst inaktiv sind und uns ausruhen (Jebelli, 46). Das DMN steigt messbar, wenn andere Netzwerke (beispielsweise das Aufmerksamkeitsnetzwerk bei externen Aufgaben) im Gehirn ruhen, und es sinkt, wenn externe Aufgaben aktiv sind und wir konzentriert und vor allem ohne Pause arbeiten.

Erst wenn wir gedankenverloren hinter einem Blatt herschauen und Nichtstun, wird das Aufmerksamkeitsnetzwerk runtergefahren und das DMN wird aktiviert. Es ist wesentlich für Bewusstsein, Gedächtnisprozesse und Verarbeitung interner vs. externer Informationen.


In Wissenschaft und Philosophie finden wir seit Jahrhunderten die Kunst des "Loslassens". Von Einstein ist kolportiert, er habe ein Problem so lange intellektuell eingekreist und nach Lösungen gesucht, bis es nicht mehr weiterging. Sodann habe er das Problem beiseite gelegt, habe losgelassen, sei in die Badewanne gegangen und habe auf den "Geistesblitz" gewartet.

Im Alltag kennen wir das auch. Da knackt man an einer Aufgabe herum, sie will sich nicht lösen, man verbeisst sich. Es gelingt nicht. Gibt man frustriert auf, macht einen Spaziergang, oder starrt einfach in den Himmel oder schaut dem Wind in den Bäumen zu - plötzlich ist die Lösung da. Auch in Literatur, Malerei, Musik sind ungezählte Beispiele, wie segens-reich - in materieller wie physisch-psychischer Hinsicht - eine gute Balance von Arbeit und loslassen sein kann.

"When you fish you think of nothing and you find answers" (Frantz Leconte, NYT 2025, S.4)

Ich beschäftige mich seit den 2000 Jahren mit Gehirnforschung und bin fasziniert, was ent-deckt wird mittels immer neuer und besserer bildgebender Verfahren, die Einblicke in die Funktionsweise des Gehirns erlauben. Die Plastizität des Gehirns, die sogenannte Neuroplastizität, bedeutet, dass unser Gehirn bis ins hohe Alter plastisch formbar ist. Das sollten wir uns durch ruhelose Arbeit nicht kaputt machen lassen!


Warum Pausen so wichtig sind

Das Ruhezustandsnetzwerk (DMN) wird nur aktiviert, wenn wir gedanklich abschweifen oder entspannen. Das stärkt unsere Selbstwahrnehmung, die Kreativität und emotionale Intelligenz und das Gedächtnis– zentrale Kompetenzen für jede Führungskraft.

Mit anderen Worten: Ständiges Durcharbeiten ohne Pausen reduziert die Leistungsfähigkeit massiv, bewirkt Stress, Unkonzentriertheit, schlechtes Schlafen und bald auch das Gefühl "ich krieg nichts mehr richtig hin".

Praktische Tipps für Ihren Führungsalltag

Bauen Sie regelmäßig kurze Pausen in Ihren Arbeitsablauf, damit das DMN arbeiten kann.

Atmen: Atemen Sie öfter ein und aus. Schon das Atmen durchbricht die Taskschlaufen.

Blick wenden: Blicken Sie 5-10 Minuten aus dem Fenster, in den Himmel, auf einen Baum, stehen Sie auf, gehen Sie auf und ab.

Loslassen: Durchbrechen Sie endlose Arbeitsschlaufen und frustrierende task: Nehmen Sie Abstand, stehen Sie auf, gehen Sie kurz umher, machen Sie sich einen Tee/Kaffee.

Zeiten blockieren: Blocken sie im Kalender Zeiten für Ruhe und Zeiten für fokussiertes Arbeiten. Setzen Sie Prioritäten.

Work-life-Balance: Achten Sie darauf, dass Ihre Sozialkontakte, Sport und Freizeit einen festen Zeit-Raum in jedem Tag haben.

Mit einer guten Balance aus Konzentration und Ruhe bleiben Sie klar, kreativ und empathisch – besser vorbereitet auf Entscheidungen, Konflikte und strategische Visionen.

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